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Hauptseite Hauptseite "Oldersum im 20. Jahrhundert" Stand: MAI 2012

1933 - 1945 (NATIONALSOZIALISMUS)

Die "Machtübernahme" der Nationalsozialisten wurde mit "Ermächtigungsgesetz", "Arierparagraph" und Übergriffen auf die jüdische Bevölkerung, Bücherverbrennungen und Zensur, Verbot der Gewerkschaften und Verhaftungen von politischen Gegnern eingeläutet. Demokratische Politiker wurden, wie schon 1932 begonnen, mit Verleumdungskampagnen aus dem Amt gedrängt: in Leer wählte Bürgermeister Dr. vom Bruch nach massiven Vorwürfen und Drohungen im Mai 1933 den Freitod, im Oktober wurde Emdens Oberbürgermeister Dr. Wilhelm Mützelburg bedrängt und nach körperlichen Mißhandlungen durch Nationalsozialisten im wahrsten Sinne des Wortes "aus dem Rathaus geworfen".
Auch in Oldersum wurden wie andernorts die Schächtmesser der jüdischen Schlachter öffentlich verbrannt.
Jan Klostermann von der NSDAP wurde 1933 als Bürgermeister eingesetzt (1939 ist das Bürgermeisteramt lt. Adressbuch unbesetzt), ihm folgte Niclas Riemann.
Am 26.11.1933, also etliche Monate nach der "Machtergreifung" der Nationalsozialisten, wurde auf dem neuen Oldersumer Friedhof ein "Kriegerdenkmal" für die Gefallenen des I. Weltkrieges eingeweiht, auf dem auch die Namen der drei jüdischen Soldaten verzeichnet sind (vgl. Liste der Gefallenen, dort auch ein Foto des Denkmals).
1933 bis 1935 wurde das Oldersumer Schöpfwerk errichtet, das zu diesem Zeitpunkt eines der leistungsfähigsten seiner Art darstellt.
Bau des Oldersumer Schöpfwerks
Bau des Schöpfwerks 1933 - 1935
(Foto: privat)
1935 wurden die Wohnhäuser in der Tergaster Straße gebaut. Anfang der 40er Jahre begannen die Planungen zur Errichtung eines großen Verschiebebahnhofs in Oldersum - nach dem Errichten erster Spüldeiche nördlich der Bahnlinie wurden die Arbeiten kriegsbedingt eingestellt.
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Gleichschaltung von Vereinen und Verbänden sowie der Presse

Aufgrund der bestehende Verhältnisse nach der "Machtergreifung" wurden nun überall in Deutschland Verbände und Vereine nach dem "Führerprinzip" geleitet, jüdische Mitglieder wurden hinausgedrängt. Für Oldersum ist folgendes bekannt:
Menno Mennenga, Stahlhelm-Mitglied, löste 1933 den Juden Karl Polak als Hauptmann der FREIWILLIGEN FEUERWEHR ab.
Im TURNVEREIN gab es Bestrebungen „unpolitisch“ zu arbeiten und keinen Gebrauch vom Tragen von Abzeichen und Uniformen zu machen. 1934 wurde Conrad Stindt vom Vorstand vorgeschlagen und einstimmig gewählt, als "Führer" des Vereins bestimmte er selbst seine Mitarbeiter, eine Wahl durch die Hauptversammlung fand nicht mehr statt. Nach der außerordentlichen Sitzung des Vereins im März 1934, wo der Zusammenschluß des VfR Oldersum und des TV Oldersum vollzogen wurde, wurde das Deutschland- und das Horst-Wessel-Lied gesungen. Conrad Stindt bestimmte zu seinem Stellvertreter den Lehrer Johann Janßen.
Der MÄNNERGESANGVEREIN berichtet in seiner Chronik, daß die Mitgliederzahl nach 1933 zurückging, "da vielen die Gleichschaltung verständlicherweise nicht paßte".
Aufmarsch und Fahnenappell in Oldersum
Aufmarsch und Fahnenappell in den 30er Jahren: HJ, SA und weitere Uniformträger in der Kirchstraße
(Foto:  privat)
Uniformen prägten immer öfter das Straßenbild, auch in Oldersum: Aufmarsch und Fahnenappell in der Kirchstraße in den 30er Jahren: HJ, SA und weitere Uniformträger (vgl. auch SA-Bild im Artikel Juden in Oldersum).
Unter der gleichgeschalteten PRESSE nahm für Ostfriesland die Ostfriesische Tageszeitung "OTZ" eine Vormachtstellung ein, unabhängige Informationen waren kaum noch zu bekommen, christlicher Glaube und humanistische Prinzipien wurden "über Bord geworfen". Der Leser der Rhein-Ems-Zeitung vom 14. März 1933 erfuhr aus einer Karikatur mit dem Titel "Immer langsam voran" bereits, wie es außenpolitisch mit Deutschland weitergehen soll: ein deutscher Soldat mit Sturmgepäck, Gewehr und Handgranaten ausgerüstet tritt an den gedeckten Kaffeetisch, auf dem "Sie" gerade den Kuchen stellt, und sagt: "Bevor ich an den Danziger Kuchen herangehe, werde ich zunächst einmal das Brötchen Westerplatte verspeisen. Ich habe ja Zeit --- ". 6 ½ Jahre später tritt genau dies ein.
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SA und Stahlhelm in Oldersum

In einem Schreiben der SA der NSDAP, Brigade 63 Oldenburg / Ostfriesland, vom 09.03.1934 an den Regierungspräsidenten in Aurich äußerte der unterzeichnende Standartenführer Bleeker "größte Besorgnis" wegen der Vorkommnisse in Oldersum (NStAA, Rep. 16/1, Nr. 972).
Damit hat es Folgendes auf sich:
In Oldersum konkurrierten, wie sonst auch in Deutschland, die beiden rechtsgerichteten Verbände, der Stahlhelm und die SA miteinander (zur Erläuterung: Stahlhelm, auch Bund der Frontsoldaten, 1918 gegründet, kaiserzeitlich orientiert, Gegner der Weimarer Republik; nach der Machtergreifung wurde der “Wehr-Stahlhelm” in die SA eingegliedert, der “alte” Stahlhelm als Nationalsozialistischer Deutscher Frontkämpferbund, NSDFB, 1934 gleichgeschaltet und schließlich 1935 verboten; Schriftführer der Oldersumer Gruppe war der Werftbesitzer Julius Diedrich; SA,“Sturmabteilung”, Kampftruppe der NSDAP, 1920 gegründet, 1923 bis 1925 nach Hitler-Putsch verboten, ab 1930 unter Ernst Röhm, der 1934 ermordet wird, zur Terrorisierung der politischen Gegner wieder aktiv; Führer des bereits 1930 bestehenden Oldersumer SA-Sturmes war der Kolonialwarenhändler Siegfried Wallenstein, ab 1937 Göke Wallenstein).
SA- und Stahlhelm-Anhänger gerieten immer wieder aneinander, "bespitzelten" und verleumdeten sich gegenseitig ("die SA-Leute sahen im Stahlhelm den reaktionären Geist der Kaiserzeit und hielten sich selbst für die neue deutsche Elite", dem Oldersumer Stahlhelm wurde eine Verschwörung in Form eines Geheimbundes unterstellt), Veranstaltungen oder Sammlungen der jeweils "anderen Seite" wurde gestört und behindert. Der Gasthof Brand ("Weißer Schwan") in Oldersum galt als "Stahlhelm-Lokal", während der Gasthof Höncher ("Preußischer Adler") als "Partei-Lokal" fungierte.
Am Sonntag dem 22.07.1934, als der Kriegerverein mit der SA sein Kriegerfest beging, gipfelten die Auseinandersetzungen in Schlägereien, mehrere dem Stahlhelm nahestehende Eheleute wurden verprügelt, eine Tanzveranstaltung im Lokal Brand wurde verboten ("Brand wollte zum Anlaß des Kriegerfestes nicht flaggen"), im Gasthof selbst und an anderen Häusern gingen reichlich Scheiben zu Bruch.
Letztlich lösten sich die Auseinandersetzungen, wie oben beschrieben, in den darauffolgenden Monaten durch Eingliederung in die SA bzw. Gleichschaltung und Verbot des Stahlhelms, auf.

Verfolgung und Krieg

Der Nationalsozialismus führte auch in Oldersum zu Verfolgung rassischer Minderheiten und von Regime-Kritikern oder Gegnern, nach dem Anschluß Österreichs und der Besetzung von Teilen der Tchechoslowakei begann am 1. September 1939 mit dem Angriff auf Polen der 2. Weltkrieg. Am Ende des Krieges kam es auch im Raum Oldersum zu Bodenkämpfen (siehe nachfolgende Seiten).
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(Verfolgte des Nazi-Regimes)

1. Einführung
2. 1900 - 1918
3. Einwohnerliste 
4. Gefallene
5. 1918 - 1933
6. 1933 - 1945
7. Verfolgte
8. Kriegsende
9. Exkurs: der Henker vom Emsland
10. Karte zum Kriegsende
 11. Opfer des Krieges
12. nach 1945
13. Bildergalerie
14. Quellen