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Hauptseite Hauptseite "Oldersum im 20. Jahrhundert" Stand: MAI 2012

VERFOLGTE DES NAZI-REGIMES


Übersicht: Juden Zwangsarbeit Andere Opfer

Juden

In Oldersum lebten über 300 Jahre lang Juden (erste Erwähnung 1606). Der nationalsozialistische Rassenwahn machte aus Nachbarn Juden, es folgte Diskriminierung, Vertreibung und Enteignung und schließlich die Deportation und Ermordung auch der Oldersumer Juden, die zur Synagogengemeinde Emden gehörten.
Zur Geschichte der Juden in Oldersum liegt seit 1995 ein gesonderter Bericht vor, der seit 1999 auch im Internet zu finden ist:
1606 - 1940: 300 Jahre Juden in Oldersum
Ein ausführliches Kapitel ist den Vorkommnissen zwischen 1933 und 1945 gewidmet.

Zwangsarbeit

Der Hintergrund, Begriffsbestimmungen
Deutsche Unternehmen waren besonders im Rahmen der Kriegswirtschaft in das NS-Regime und damit auch in das von ihm ausgelöste Unrecht eingebunden. Kamen anfangs "Fremdarbeiter" freiwillig nach Deutschland um Geld zu verdienen, wurden Sie später erpreßt (Holländer z.B., nach der Besetzung durch Entzug des Arbeitslosengeldes) und verschleppt.
Zwangsarbeit hat es in sehr unterschiedlichen Formen mit einem breiten Spektrum von verschiedenen Arbeits- und Lebensbedingungen gegeben. Sie wurde in der Landwirtschaft und bei den Kommunen, aber auch in nahezu allen Bereichen der privaten Wirtschaft geleistet, die in die Kriegswirtschaft eingebunden waren. Aus verschiedenen europäischen Ländern wurden nach der Besetzung anderer Länder über 10 Millionen Menschen in das Dritte Reich geschickt und dort unter Bedrohung ihres Lebens zur Arbeit gezwungen. Selbst die Kirchen haben Unterlagen gefunden und dokumentiert, die den Einsatz von Zwangsarbeitern belegen.
Die Menschen verließen wohl zum überwiegenden Teil nicht freiwillig ihre Heimat, um für den „wirtschaftlichen Aufschwung“ und die Kriegsvorbereitungen und später in kriegswichtigen Bereichen des III. Reiches unter zum Teil schlechten bis unmenschlichen Bedingungen zu arbeiten. Im folgenden werden daher, auch wenn direkter Zwang, Demütigung und Mißhandlung nicht ausgeführt wurden, durchgehend die Begriffe Zwangsarbeit und Zwangsarbeiter verwendet.
Vor einigen Jahren wurde die Stiftungsinitiative der Deutschen Wirtschaft gegründet und in Deutschland ein Gesetz zur Entschädigung von Zwangsarbeitern von Bundestag und Bundesrat beschlossen. Die Stiftung "Erinnerung Verantwortung und Zukunft" ist eine freiwillige Initiative von deutschen Unternehmen, unabhängig davon, ob und in welchem Umfang sie in die Kriegswirtschaft eingebunden waren. In den USA, aus denen Klagen ehemaliger Zwangsarbeiter drohten, wurden inzwischen Verhandlungen über ein "Statement of Interest" abgeschlossen, das Statement ist wesentlicher Bestandteil eines Regierungsabkommens. Mittlerweile ist durch die Abweisung von Klagen in den USA ein umfassender und dauerhafter Rechtsfrieden hergestellt, der deutsche Unternehmen vor gerichtlicher Inanspruchnahme schützt. Die Auszahlung von Geldern an die Betroffenen hat begonnen bzw. ist weitgehend abgeschlossen.
Viele Unternehmen haben ihre Geschichte aufarbeiten lassen und die Ergebnisse, auch bezüglich des Einsatzes von Zwangsarbeitern, veröffentlicht. In den vergangenen Jahrzehnten stellten viele Unternehmen auf freiwilliger Basis erhebliche finanzielle Mittel bereit, um die Folgen früheren Unrechts zu lindern. Die deutschen Unternehmen sehen heute eine moralische Verantwortung insbesondere dort, wo Zwangsarbeit unter besonders erschwerten Bedingungen geleistet werden mußte oder wo Unternehmen an der Diskriminierung von Menschen mitwirkten, die aus rassischen Gründen vom NS-Regime verfolgt wurden. Es geht nicht darum, allein für die Tatsache der Zwangsarbeit Leistungen zu gewähren.
Wer sind diese Unternehmen, wo wurde Zwangsarbeit geleistet und wer stellt sich heute seiner Verantwortung ? Deutsche Zeitungen haben, seitdem die Diskussion über die Entschädigung der Zwangsarbeiter im Gange ist, Listen über Unternehmen, die Zwangsarbeiter beschäftigten, veröffentlicht (z.B. Der Tagesspiegel 08.12.1999, 28.01.2000). Hier handelt es sich um eine Liste des American Jewish Commitee (AJC), die auf einen Katalog von Lagern in Deutschland und den von Deutschland besetzten Gebieten aus dem Jahre 1949 basiert.
Für Ostfriesland existieren solche Listen meines Wissens nicht, es gibt aber Literatur, die sich mit der NS-Zeit und mit besonderen Themen wie der Zwangsarbeit beschäftigen (siehe Quellen).
Zwangsarbeit in Emden ...
Über 6000 Zwangsarbeiter, KZ-Häftlinge und Kriegsgefangene wurden in Emden und Umgebung zum Ausbau von Dämmen, militärischen Stellungen, für den Bunkerbau und den Ausbau des Friesenwalls sowie bei Aufräumarbeiten nach Bombardierungen und in der Wirtschaft eingesetzt. In Emden befanden sich ab etwa Frühjahr 1943 zwei Arbeitskommandos des Emslandlagers III Brual-Rhede und ein Kommando des Lagers VII Esterwegen, Insassen waren neben den Ausländern auch deutsche Gefangene, "politische" und andere. Für die Unterbringung im Ort wurden über 40 Lager errichtet, u.a. auf den Nordseewerken, bei der Hoch-Tief AG in Friesland, bei der Heringsfischerei, bei der Reichsbahn in der Petkumer Straße und an Schulen wie der Wallschule, der Emsschule und den Gymnasien. Die Zahlen über die Anzahl der Zwangsarbeiter und der Lager sind aufgrund der spärlichen Quellenlage vermutlich noch höher (vgl. auch Seiten Bunkermuseum Emden).
Am 27.08.1944 waren unter den 46 Toten eines Luftangriffs auf Emden im Bereich Tonnenhof / Am Delft / Bahnhof-Süd / Martin-Faber-Straße auch drei ausländische Arbeiter, die im Oldersumer Reichsbahnlager (Am Bahndamm) untergebracht waren:
- Michael Marosz, geb. 11.01.1890 in Bogojowka / Dubno / Jugoslawien,
- Semen Marosz, geb. 02.07.1907 in Bogojowka / Dubno / Jugoslawien und
- Armand Schmitt, geb. 27.08.1904 in Heúlly / Frankreich.
... und Umgebung
Auch außerhalb der Stadt wurden Zwangsarbeiter in verschiedenen Betrieben eingesetzt, so z.B. bei der Ziegelei Eiko Reins in Tergast (17 Personen, Nationalität nicht bekannt, vermutlich Russen oder Ukrainer). Es gibt Berichte, wonach ein Trupp von Männern (russische Kriegsgefangene?), bewacht von bewaffneten Personen, (von den Baracken am Bahndamm?) durch die Tergaster Straße in Oldersum zur Ziegelei und zurück lief. Kinder aus der Tergaster Straße haben als Gegenleistung für Brot und andere Lebensmittel kleine geschnitzte Tierfiguren von den Männern bekommen.
Für Erdarbeiten beim Bau einer „Druckrohr-Trinkwasserleitung“ von Tergast nach Emden (nördlich des Ems-Seitenkanals) im Frühjahr 1943 wurden im Auftrage der Stadt Emden Gefangene aus dem Justiz- und Strafgefangenenlager Brual-Rhede (Emslandlager III) eingesetzt. In diesem Lager waren neben Justizgefangenen auch politische Häftlinge und Militärstrafgefangene inhaftiert. Während ihres Arbeitseinsatzes auf der Baustelle waren sie wochentags in der Turnhalle der Neutorschule in Emden untergebracht. Die Bauarbeiten wurden an die einheimischen Firmen Gebrüder Neumann, Emden, und Heinrich Riemann, Oldersum, vergeben.
Die Schiffswerft Diedrich in Oldersum soll ausländische Zwangsarbeiter (Franzosen?) aus den Emslandlagern eingesetzt haben. Es gibt Aussagen, nachdem die Feldküche der militärischen Stellung am Deich (am Siel, hinter der Diedrichs-Werft) auch französische Fremdarbeiter mitversorgt hat.
Am Bahndamm am nordwestlichen Rand von Oldersum befand sich das sog. Reichsbahnlager. Hier befanden sich ein Barackenlager (Holzbaracken), außerdem wurden Arbeiter in Eisenbahnwaggons untergebracht. Nach verschiedenen Aussagen hat das Barackenlager bereits vor dem Krieg bestanden (etwa 1938/39). Etwa 1941 hatten zwischen Oldersum und Gandersum nördlich an die Bahnlinie Leer-Emden angrenzend, die Arbeiten für einen großen Güterbahnhof begonnen (ein sog. "Vorbahnhof für den Emder Hafen", da in Emden aus Platzgründen eine Erweiterung an Grenzen stieß). Die Arbeiten hat offensichtlich die Duisburger Firma Heinrich Hirdes durchgeführt, die dazu (nach verschiedenen Quellen) 60 bis 180 Arbeiter (wohl zumeist Holländer) eingesetzt hat. Kriegsbedingt wurden die Arbeiten am Güterbahnhof 1943 eingestellt. Vermutlich haben dann dort Russen oder Ukrainer (Kriegsgefangene? Fremdarbeiter?) gewohnt, die auf der Tergaster Ziegelei gearbeitet haben (siehe oben). Auf den alliierten Luftbildern von März 1942 und Oktober 1944 sind 6 oder 7 Baracken zu erkennen. Zum Kriegsende hin sollen "ausgebombte" Emder Familien in die Unterkünfte gezogen sein, nach dem Krieg Flüchtlinge / Heimatvertriebene aus den polnisch-sowjetisch besetzten Gebieten. Danach wurden die Holzbaracken verkauft (eine u.a. an meinen Großvater auf der Monnikebrücke, der darin sein Vieh unterbrachte, da die Scheune bei der Sprengung der Brücke zusammengefallen war) und auf dem Gelände feste Wohngebäude erstellt (sog. "Flachbauten").
Nur wenig ist über die Behandlung der Zwangsarbeiter dokumentiert. Es mag Fälle geben, wo die Menschen anständig behandelt, ernährt und entlohnt wurden, viele von ihnen, insbesondere die Arbeiter aus Polen, Weißrußland, der Ukraine und Rußland, wurden rücksichtslos ausgebeutet, nicht selten mißhandelt und gequält. Sie mußten gefährliche Arbeiten wie die Bergung und Entschärfung von Blindgängern und die Beräumung bombardierter Häuser ausführen, Arbeiten die über ihre Kräfte gingen. Bekannt ist das Schicksal von 5 jungen Ukrainern in Emden, die wegen des Diebstahls von Lebensmitteln aus den Bombentrümmern erhängt wurden. Umgekommene Zwangsarbeiter sind auf verschiedenen Friedhöfen in Emden und im übrigen Ostfriesland beerdigt, u.a. in Emden-Tholenswehr und auf dem Bolardusfriedhof.
Ein Beispiel aus der Landwirtschaft
Neben den kriegswichtigen Betrieben wurden viele Zwangsarbeiter auch im privaten Haushalten und auf Bauernhöfen eingesetzt. Im Sommer 1989 stieß ich auf dem Bauernhof meiner verstorbenen Großeltern bei Oldersum auf ein Arbeitsbuch für Ausländer und eine Arbeitskarte, ausgestellt auf Arsen Borsenko, lt. Unterlagen aus den "besetzten Ostgebieten". Mir war gleich klar, daß es sich hier um einen sogenannten Fremd- oder Zwangsarbeiter handelt, zumal mir meine Mutter, 1937 geboren und mit zwei jüngeren Geschwistern auf dem Hof meiner Großeltern aufgewachsen, davon erzählt hatte und auch noch Namen und Herkunft weiterer Fremdarbeiter wußte:
- die Polin Sophia Spazinska (lt. Einwohnermeldeamt geb. 1913),
- der Weißrussin Maria ... (Nachname nicht mehr bekannt) und 
- dem Ukrainer Bernhard Reimer, der aber erst in der Nachkriegszeit auf dem Hof gearbeitet hat.
Aufgrund der genauen Unterlagen über Arsen Borsenko und einer kanadischen Anschrift von Bernhard Reimer beschloß ich, diese beiden Personen zu suchen, ein weiterer Suchantrag beim Internationalen Suchdienst in Arolsen (IS) für die Polin Maria Spazinska läuft noch. Mein Brief an Bernhard Reimer kam umgehend mit dem Vermerk "unbekannt verzogen" zurück und mein Auskunftsersuchen beim IS über Arsen Borsenko führte erst nach 3 ½ Jahren zum Erfolg: im April 1993 teilte mir der IS eine Adresse in der Ukraine mit, an die ich im August 1993 einen Brief schrieb, den mir ein damaliger Arbeitskollege ins Russische übersetzte. Im Januar 1994 erhielt ich das erste Mal Post aus der Ukraine, von Natalja Borsenko, der Schwiegertochter von Arsen, der, wie Natalja mir schrieb, im September 1992 verstorben war. Natalja und Wasili Borsenko schrieben mir einige Briefe und schilderten die katastrophale wirtschaftliche Lage in der Ukraine, insbesondere auf dem Land, berichteten von Korruption und Mißwirtschaft.
Arbeitsbuch und -karte geben folgende Auskünfte:
Arsen Borsenko,
geboren 1924 in Lubimovka, Saporoschje
(Vater: Saweli Borsenko in Lubimovka).
Arsen Borsenko heiratete 1950, hat 3 Kinder,
arbeitete bis zur Rente 1984 als Traktorist in
einer Kolchose, erkrankte 1991 schwer und
starb am 28.09.1992.

    Im Deutschen Reich seit 31.12.1942.
    (Zwangs-) Beschäftigung bei:
    1.   Stadtbauamt Emden  31.12.1942 bis 07.03.1943
    2.   Bauhilfe Emden  08.03.1943 bis 30.03.1943
    3.   Gärtnerei Hust, Emden 01.04.1943 bis 15.06.1943
    4.   Brahms-Gronewold, Monnikebrücke/Oldersum
          (als Landarbeiter auf einem kleinen Bauernhof,
          vermutlich bis Kriegsende)

Arbeitsbuch von Arsen Borsenko
Zwangsarbeit in Deutschland hat ein Gesicht:
Arsen Borsenko (1924-1992) aus der Ukraine
So war auch die eigene Familie Teil dieses Systems der Unterdrückung. Dies muß allerdings nicht automatisch heißen, daß die Menschen schlecht behandelt wurden.
Die moralische Verantwortung
"Zwei Menschen-Generationen nach dem Ende des Nazi-Regimes" sind deutsche Unternehmen nochmals bereit, als Geste der Versöhnung Mittel in eine humanitäre Stiftung "Erinnerung Verantwortung und Zukunft" einzubringen, um heute noch lebenden ehemaligen Zwangsarbeitern, die damals Arbeit unter besonders belastenden Bedingungen haben leisten müssen, und anderen Geschädigten des NS-Regimes, die besondere Härten erlitten, zu helfen.
Die Ostfriesen-Zeitung veröffentlichte am 03.06.2000 unter der Überschrift "Spenden trudeln nur schleppend ein" eine Liste von 17 Unternehmen, die für die Stiftungsinitiative gespendet haben – 17 Firmen von insgesamt 1300, die durch die Industrie- und Handelskammer Ostfriesland angeschrieben wurden ! An dieser Stelle muß noch einmal erwähnt werden, daß die Spende für die Stiftung kein Eingeständnis der Schuld ist sondern ein freiwilliger Beitrag aller deutschen Unternehmen, egal ob sie Zwangsarbeiter beschäftigten oder nicht, egal ob sie vor 1945 schon bestanden haben oder nicht. Offensichtlich tun sich viele Firmen aber schwer mit der Verantwortung für die NS-Zeit, viel wird auch in den kommunalen Verwaltungen und Gremien über das Thema diskutiert. Bis jetzt ist der Anteil von 5 Milliarden, den die deutsche Wirtschaft aufbringen muß nicht gesichert ! 
Verschiedene Firmen habe ich selber angeschrieben und nach den Zwangsarbeitern bzw. dem Umgang mit diesem Erbe gefragt. Die Antwort der Firma Hirdes, jetzt mit Hauptsitz in Hamburg, in Auszügen: "Unsere Nachforschungen und Ermittlungen ... haben keine verwertbaren Hinweise ... ergeben. ... Fest steht jedoch, daß die ... Fa. Heinrich Hirdes zu Vorkriegs- und Kriegszeiten eine relativ kleine Wasserbaufirma war, die erst bedingt durch die Schäden des 2. Weltkrieges nach dessen Ende wuchs. Daher scheint für uns der ehemalige Einsatz von Zwangsarbeitern wenig wahrscheinlich.". Und: "Leider können wir Ihnen keine Informationen über Bauprojekte aus der Vorkriegszeit zukommen lassen, da aufgrund mehrerer Gesellschafterwechsel und Sitzverlegungen Unterlagen aus den angefragten Zeiträumen in unseren Archiven nicht mehr vorhanden sind.". Von der Oldersumer Schiffswerft J. Diedrich habe ich trotz mehrerer Briefe bis heute keine Antwort erhalten.
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Andere Opfer nationalsozialistischer Willkür

Nicht nur Juden und andere "rassisch Verfolgte" wie Sinti und Roma und Zwangsarbeiter und Kriegsgefangene aus den östlichen Ländern hatten unter den Nationalsozialisten besonders zu leiden, auch "christliche" und "arische" Oldersumer gehörten zu den Opfern, wenn sie sich nicht der nationalsozialistischen Ideologie fügten. Hier Beispiele:
Jan Smit, Oldersum (geboren 1904, gestorben 1983)
Der Arbeiter Jan Smit wurde Anfang 1933 angezeigt. Smit soll sich beim Entladen eines Schiffes im Ems-Seitenkanal "abfällig" über Hitler und das III. Reich geäußert haben. Er wurde verhaftet und kam zunächst ins Amtsgerichtsgefängnis Emden.
Die Verhaftung von Jan Smit und vielen anderen, hauptsächlich KPD-Anhängern, stellte unmittelbar nach der "Machtergreifung" auf der Grundlage der "Verordnung zum Schutz von Volk und Staat" eine "Schutzhaft"-Maßnahme dar, die in mehreren Wellen stattfand (vgl. Ostfriesland zwischen Republik und Diktatur, S. 351 ff., zu Jan Smit, S. 356). So gerieten in den Monaten März und April 1933 allein in Preußen mindestens 25.000 Personen in Schutzhaft.
Der Leeraner Landrat Dr. Conring als Kreispolizeibehörde ordnete im Juli ´33 die Überführung von Jan Smit in das Konzentrationslager Börgermoor an. Smit wurde am 5. August gemeinsam mit Jonny Dübbelde aus Ostrhauderfehn nach Börgermoor gebracht. Er wurde wohl Anfang 1934 aus der Haft entlassen und kehrte nach Oldersum zurück. Eine besondere Tragik bekam das Leben des Ehepaars Smit durch den Tod des Sohnes Theodor beim Fliegerangriff am 28.04.1945, wenige Tage vor Kriegsende (siehe Kriegsende).
Johann (Jan) Eben Tammling, Oldersum (geboren 1876, gestorben 1947)
Nach Informationen der Familie geriet der Viehhändler (von den Nazis "Viehverkaufsvermittler" genannt, um "arische" Händler von den jüdischen "Viehhändlern" abzugrenzen) Johann Tammling bereits kurz nach der "Machtergreifung" wegen seines Handelns auf dem jüdisch dominierten Viehmarkt in Leer mit den Nationalsozialisten aneinander. Die Nazis wollten seine Tätigkeit unterbinden und ihn vom Leeraner Viehmarkt verdrängen, Tammling ließ sich dies nicht gefallen und opponierte dagegen.
Am 05.05.1937 wurde Tammling vom Kreisbauernführer in Norden, Antoni Iderhoff, wegen Beleidigung angezeigt. Iderhoff gab an, Tammling habe ihn in einem Verkaufsgespräch mit dem Bauern Kratzenberg aus Wolthusen beleidigt: Kratzenberg weigerte sich, an Tammling Vieh zu verkaufen, weil dieser "an Juden verkauft" , Tammling entgegnete daraufhin: "Iderhoff verkauft doch auch an Juden !". Die Verhandlung vor dem Schöffengericht in Emden unter dem Vorsitz von Amtsgerichtsrat von Steuber endet mit einem Freispruch für Johann Tammling, Iderhoff ging zwar noch in Berufung, nach einer "Ehrenerklärung" Tammlings im Januar 1938 war Iderhoff jedoch zufrieden und das Verfahren beendet (NStAA, Rep. 109 D, Nr. 1154).
Im Juni 1940 wurde er wegen "staatsfeindlicher Äußerungen" vorläufig festgenommen (vgl. "Tagesmeldungen" der Gestapo, Unser Ostfriesland Nr. 11, 2000).
Nach einer weiteren Anzeige wegen Beleidigung wurde Johann Tammling 1944 verhaftet, wurde wegen "Wehrkraftzersetzung" verurteilt und kam bis Kriegsende in Lagerhaft. Krank kehrte er nach Oldersum zurück und starb im Januar 1947.
Weitere Schicksale
Es sind weitere Fälle bekannt, wo örtliche oder staatliche Behörden Einfluß in der Form ausübten, daß den Kindern die Lehrstelle oder der Familie die Winterbeihilfe verweigert wurde.
Neben der religiösen Zugehörigkeit (Juden, siehe oben) konnte die politische Einstellung (siehe Smit) oder der Handel oder Kontakt mit Juden (siehe Tammling) Menschen vor Gericht und ins Gefängnis oder Konzentrationslager bringen. Oft reichte schon die Denunziation des Nachbarn oder die Nicht-Mitgliedschaft in der NSDAP aus, um Repressalien ausgesetzt zu werden oder Nachteile in Kauf nehmen zu müssen. Familien hatten finanzielle Einbußen oder gerieten an den Rand des wirtschaftlichen Ruins, wenn durch Gefängnis oder Konzentrationslager das Gehalt des Mannes wegfiel und mehrere kleine Kinder zu versorgen waren.
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1. Einführung
2. 1900 - 1918
3. Einwohnerliste 
4. Gefallene
5. 1918 - 1933
6. 1933 - 1945
7. Verfolgte
8. Kriegsende
9. Exkurs: der Henker vom Emsland
10. Karte zum Kriegsende
 11. Opfer des Krieges
12. nach 1945
13. Bildergalerie
14. Quellen